Der Begriff der „Abwehrmechanismen“ kommt aus der Psychoanalyse. Es sind unbewusste Strategien unseres Egos zum Schutz des ICH vor der Außenwelt. Sie treten immer dann auf, wenn wir auf irgendeiner Ebene einen Konflikt haben und noch nicht wissen, wie wir diesen lösen sollen.
Doch Abwehrmechanismen ergeben Sinn. Sie sind weder gut noch schlecht, sondern gehören einfach zum Menschsein dazu.
Je weiter wir uns aber entwickeln, d. h. je bewusster wir werden, desto weniger müssen wir auf diese Abwehrmechanismen zurückgreifen. Stattdessen entwickeln wir bewusstere Problemlösungs- oder Bewältigungsstrategien. Um Dich selbst und Deine Mitmenschen besser zu verstehen, ist es daher hilfreich, einige Abwehrmechanismen Deines Egos zu kennen.
- Verdrängung: Es gibt hier ein breites Spektrum, das vom einfachen „Wegdrücken“ unangenehmer Ereignisse bis zum kompletten Ausblenden traumatischer Erlebnisse reicht. Hierbei ist es wichtig, einen gesunden Mittelweg zu finden, um die unverarbeiteten Gefühle und das Erlebte ganzheitlich zu integrieren.
- Verleugnung: Hier wird ein Teil der Realität verleugnet und in seiner Bedeutung nicht anerkannt. Wir tun einfach so, als sei das, was andere behaupten, einfach nicht wahr. Zum Beispiel, wenn ein Sohn beim Klauen oder Drogen verkaufen erwischt wird und dann die Mutter behauptet: „So etwas tut mein Junge nicht!“ Verleugnung kommt auch sehr häufig in Trauerphasen vor.
- Reaktionsbildung: Gefühle, die unangebracht erscheinen, werden durch gegenteilige Gefühle ersetzt. Zum Beispiel wird Mitgefühl gezeigt, obwohl auch Aggressivität oder Wut da ist. Oder jemand findet eine Person äußerst attraktiv und anziehend, verhält sich dieser aber gegenüber so, als könne er sie nicht leiden.
- Regression: Du verhältst Dich unbewusst wie ein Kleinkind und legst frühkindliche Verhaltensweisen an den Tag, scheinst Dich demnach plötzlich zurückzuentwickeln. Zum Beispiel, wenn Du in einem Streitgespräch plötzlich anfängst, zu weinen oder beginnst, wie ein Kleinkind zu reden. Auch wenn wir mit Trotzverhalten reagieren oder unser Tonfall eher dem eines kleinen Jungen oder kleinen Mädchens ähnelt, fallen wir in eine frühe Entwicklungsstufe zurück. Wir tun dies, um etwas zu bekommen oder um etwas zu vermeiden, was uns ängstigt.
- Progression: Das ist das Gegenteil von Regression. Wenn sich z. B. eine 10-Jährige nach dem Tod der Mutter wie eine 30-Jährige benimmt, um die Mutter zu ersetzen.
- Vermeidung: Aus Angst vor unangenehmen Handlungen oder Gefühlen werden auslösende Situationen oder Personen einfach gemieden. Das taucht recht häufig bei Phobien auf, aber auch bei alltäglichen Situationen.
- Verschiebung: Der eigentliche Impuls wird auf eine andere Person, ein Objekt oder Lebewesen verschoben, von dem weniger Gefahr ausgeht. Beispiel: Herr Müller wird von seinem Vorgesetzten heftig und unangebracht kritisiert. Das löst bei Herrn Müller Wut und Aggression aus, die er sich aber nicht traut, gegenüber seinem Vorgesetzten zu zeigen, aus Angst den Arbeitsplatz zu verlieren. Der Aggressionsimpuls ist aber noch aktiv und wird nun an anderer Stelle rausgelassen, zum Beispiel durch Treten gegen einen Papierkorb, dem Anschreien der eigenen Ehefrau etc.
- Ungeschehen machen: Du tust Dinge, um etwas ungeschehen zu machen, z. B. auf Holz klopfen, um etwas Unheilsames zu verhindern. Dieser Abwehrmechanismus tritt häufig bei Zwängen auf, wo zum Beispiel durch das Waschen der Hände versucht wird, das Unglück wegzuwaschen oder nur jeder 3. Pflasterstein betreten wird, um Unglück nicht heraufzubeschwören.
- Rationalisierung: Sie taucht immer dann auf, wenn wir logische Gründe, Erklärungen und Rechtfertigungen heranziehen, um einen Umstand zu erklären, dabei aber eigene Bedürfnisse oder Impulse ausblenden. Wir erschaffen „Ausreden“, um der Wahrheit nicht ins Gesicht blicken zu müssen. Beispiel: Jemand rasselt durch eine Prüfung und sagt: „Diese Prüfungen werden eh überbewertet!“. Oder: „Nicht ich habe zu wenig gelernt, sondern der Lehrer ist einfach unfähig, das Thema ordentlich zu erklären.“
- Sublimierung: Du verlagerst Dein eigentliches Bedürfnis oder eine Emotion, die Dir Unbehagen verursacht, auf eine „höhere Ebene“. Wenn Dich z. B. jemand ärgert, drückst Du das nicht direkt aus, sondern gehst lieber joggen, malst Bilder oder meditierst. Jemand, der starke sexuelle Impulse verspürt, gründet stattdessen vielleicht ne Rockband. 😉
- Somatisierung: Du kannst einen Konflikt nicht wahrnehmen und drückst diesen unbewusst auf der körperlichen Ebene aus. Diesen Umstand versuchten Autoren wie z. B. Louise Hay und Rüdiger Dahlke durch ihre Bücher ins Bewusstsein zu heben, indem sie jeder Krankheit einen inneren Antrieb bzw. eine seelisch-psychische Grundlage gaben. Auch bei jeder psychosomatischen Erkrankung sind immer innerpsychische Konflikte mit beteiligt. Unverarbeitete Konflikte führen häufig zu körperlichen Beschwerden, z. B. zu Kopf- oder Magenschmerzen.
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