Den Tod als Lehrmeister verstehen

Den Tod als Lehrmeister verstehen

von | 20. Dez. 2023 | Leben, Tod & Thanatopsychologie

Wer denkt schon gerne daran, dass irgendwann mal Schicht im Schacht ist. Und dennoch kann es jeden Moment so weit sein: Du gehst über die Straße und zack ist der Bus über Dir. Oder Du bekommst einen Herzinfarkt und zack bist Du auf der anderen Seite. Doch wenn wir den Tod als Lehrmeister verstehen, dann kann er uns dabei helfen, die Angst vor ihm zu überwinden und ein erfülltes Leben zu leben.

Der Tod als Lehrmeister

Ich bin zwar alles andere als bibelfest, aber …

schon in der Bibel finden wir viele Stellen, die davon sprechen, dass es wohl sehr nützlich sein könnte, den Tod „auf dem Zettel“ zu haben und sich mit seiner eigenen Sterblichkeit zu beschäftigen.

So steht z. B. im Psalm 90, Vers 12: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“.

Es scheint also durchaus nützlich zu sein, sich mit dem Tod zu beschäftigen, und zwar sowohl als Vorbereitung auf unsere eigene Todesstunde, als auch im Umgang mit Sterbenden und deren Angehörigen oder unserer eigenen Trauer.

Aber das Wichtigste ist meiner Ansicht nach, dass es beim Leben hilft. Dass das Beschäftigen mit dem Tod bei einem entspannteren Leben hilft und auch in Phasen der Trauer, beim Umgang mit Krisensituationen oder dem Bewältigen einer schweren Erkrankung.

Dass es beim Vertrauen hilft und dabei, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Denn wir teilen schließlich alle denselben Ausgang.

Wenn mir bewusst wird, dass auch der andere diesen Ausgang früher oder später nehmen wird, dann bin ich vielleicht nicht mehr ganz so streng oder harsch mit ihm oder ihr.

Dann tue ich mich leichter damit, dem anderen mit Mitgefühl zu begegnen.

Dann werde ich auch versöhnlicher mit mir selbst.

Und auch der Buddhismus weiß, wie wichtig es ist, den Tod ins Leben zu integrieren.

6 Buddhistische Leitsätze: Memento Mori

  1. Erinnere Dich daran, dass alles, was lebt, auch sterben wird und muss.
  2. Erinnere Dich daran, dass Du nicht weißt, wann Du sterben wirst – zu welcher Uhrzeit, an welchem Tag, in welchem Monat, in welchem Jahr.
  3. Erinnere Dich daran, dass Du auch nicht weißt, wie Du sterben wirst oder auf welche Art. Das kann eine Krankheit, ein Unfall oder auch ein anderes äußeres Ereignis sein.
  4. Erinnere Dich daran, dass Du die Fähigkeit hast, Dich ganz bewusst auf das Sterben vorzubereiten. Dann erwischt Dich der Tod nicht „kalt“, sondern in einer gefassten Haltung.
  5. Erinnere Dich daran, dass es kostbar ist, in einem menschlichen Körper leben zu dürfen. Damit erhältst Du die Fähigkeit, zu unterscheiden, zu verstehen, zu reflektieren und Dich seelisch-geistig zu entwickeln.
  6. Erinnere Dich daran, dass der Tod nicht das Ende, sondern lediglich ein Übergang ist.

Der Tod gehört zum Leben! Er ist sogar eine Voraussetzung für das Leben!

Denn nur, wenn etwas stirbt, kann etwas Neues geboren werden.

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Es ist eine der wichtigsten Vorbereitungen auf das Sterben, dass wir uns bewusst machen, dass es jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde oder jeden Tag so weit sein kann.

Doch das macht den meisten Menschen große Angst.

Das kann ich sehr, sehr gut verstehen. Und weil wir den Tod und damit unsere Ängste so gerne verdrängen, haben wir auch Schwierigkeiten, dieser Tatsache ins Gesicht zu blicken. Aber genau durch diesen Blick auf das Unausweichliche kann das Leben so bedeutungsvoll erlebt und jeder Tag als kostbar erfahren werden – ohne Angst.

So ist es wichtig, dass wir uns mit der Tatsache unserer eigenen Endlichkeit schon in Zeiten beschäftigen, wo es uns noch relativ gut geht und wir uns als weitestgehend gesund betrachten.

6 gute Gründe, um sich mit dem Tod zu beschäftigen:

1. Du nimmst Dir Zeit für’s Wesentliche.

Die Verdrängung des Todes führt zu einem wenig fokussierten und daher eher unbewusst gestalteten Leben. Schon Sigmund Freud sagte: „Wenn der Tod ausgeschlossen wird, verarmt das Leben, wird seicht und leer.“

Zahlreiche Menschen mit einer Nahtoderfahrung berichten, dass sich ihre Prioritäten nach dem Erlebnis komplett verschoben haben. So hätte ihr Interesse an materielleren Dingen nachgelassen. Dafür seien aber immaterielle Dinge, wie Mitgefühl, Zufriedenheit und Glück sowie die Liebe zu Angehörigen und Freunden wichtiger geworden.

Aber Du musst keine Nahtoderfahrung gemacht haben, um sinnerfüllt und glücklich zu leben.

Wenn Du Dich mit der Tatsache der Endlichkeit beschäftigst, dann kümmerst Du Dich einfach nicht mehr so oft um den Kleinkram, sondern um die richtig großen Steine in Deinem Leben, wie in der Geschichte „Zeit für große Steine“.

2. Du entdeckst Dein wahres Wesen.

Wenn Du Dich mit dem Tod beschäftigst, dann auch mit der Erkenntnis, dass Du möglichst wenig unerledigte Dinge zurücklassen möchtest. Dann kümmerst Du Dich liebevoller um Deine Angehörigen oder Freunde und lässt Beziehungen nicht einfach so vor sich hinwelken. Dann tust Du auch mehr Dinge, die Dir Freude bereiten und nimmst Dir Zeit für das Wesentliche, also für die Dinge, die Deinem wahren Wesen entsprechen.

3. Du reduzierst Deine Angst vor dem Tod.

Wenn Du Dich mit dem Tod beschäftigst, dann wirst Du bald entdecken, dass Deine Angst vor dem Tod eigentlich eine Lebensangst ist. Die Angst vor Kontrollverlust oder davor, nicht gut genug zu sein oder noch nicht genug getan zu haben. Die Angst davor, Dein Leben nicht wirklich zu leben. Der Tod kann Dir dabei helfen, all’ diese Ängste zu überwinden und sie nach und nach loszulassen und Dich von ihnen zu lösen.

Du näherst Dich dem Tod, zunächst zaghaft, dann mutiger und erkennst, dass er gar nicht so grausam ist, wie Du vielleicht immer dachtest. Du wirst versöhnlicher mit ihm. Versöhnst Dich mit ihm. Das reduziert Deine Ängste enorm.

4. Du erkennst: Leben macht Sinn. Immer!

Menschen, die eine Nahtoderfahrung oder ein ähnliches Erlebnis erlebt haben, eröffnen uns eine ganz neue Sicht auf den Tod. Sie berichten, dass es im Leben nur auf Liebe, Mitgefühl und Wissen ankommt und alles, wirklich alles in unserem Leben Sinn hat und Sinn macht. Dass jeder hier ist, um seine Aufgabe zu erfüllen und sein Wesen der Welt zu zeigen – ohne Angst. Und der Tod, so wie wir uns das bislang vorstellen – eigentlich gar nicht existiert. Dass der Tod nur einen Übergang darstellt.

5. Du kannst anderen helfen, entspannter mit ihrem Tod umzugehen.

Alles, was Du auf materieller Ebene in diesem Leben angehäuft hast, darfst Du beim Abschied getrost hier lassen. Du brauchst Dich darum nicht mehr zu kümmern. Andere werden sich darum kümmern oder Du regelst zu Lebzeiten, wie sie sich darum kümmern sollen. Du darfst Dich lösen und gleichzeitig erkennen, dass Du nicht alleine bist. Denn wir teilen ja schließlich alle denselben Ausgang. Das schafft Verbindung.

Wenn Du selbst durch den Prozess der Bewusstwerdung Deiner eigenen Sterblichkeit gegangen bist und weißt, welche Dämonen da lauern, dann kannst Du anderen Menschen helfen, die noch am Anfang des Weges stehen. Letzten Endes muss jeder zwar seinen Weg selber gehen, aber es kann anderen Mut machen zu erkennen, dass es da auch ein hoffnungsvolles Ziel gibt, das zu erreichen sich lohnt.

6. Du triffst Vorkehrungen für den Tag X.

Du sprichst mit anderen über den Tod – auch über Deinen eigenen. Wenn Du Dich mit dem Tod beschäftigst, dann wirst Du Dein Ableben und was danach kommt, nicht einfach so Deinen Liebsten überlassen. Du wirst Dich um Deine Dokumente kümmern, um Deine Passwörter oder Habseligkeiten. Vielleicht wirst Du auch Vorsorgen getroffen haben, ob finanzieller oder anderer Natur. Du wirst eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht erstellt und mit Deinen Angehörigen darüber gesprochen haben.

Memento mori

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