Mit dem Tod eines geliebten Menschen umzugehen, ist eine der schwersten Erfahrungen, die es gibt. Und niemand bleibt davon verschont. Was hilft in der Trauer? Und wer oder was spendet Trost?
Jeder verliert im Laufe seines Lebens Menschen, die ihm besonders nahe stehen und muss lernen, mit diesem Verlust umzugehen. Wenn wir es allerdings zulassen, kann uns dieser Schmerz ein sehr großes inneres Wachstum bescheren.
Wie das gehen soll, fragst Du Dich? Nun, …
Trauer ist kein Problem. Trauer ist die Lösung, denn sie führt Dich in einen Trauerprozess.
Wenn Du Dich mit dem Tod beschäftigst, kann Dir das auch in der Trauer um einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier helfen.
Du kannst dann vielleicht sogar die Trauer bei aller Schwere leichter tragen. Du gehst durch sie hindurch.
Denn durch die Trauer dürfen wir alle hindurchgehen. Ja, wir müssen es sogar. Wir können sie nicht einfach überspringen. Wir müssen und dürfen sie als eine menschliche Erfahrung der Liebe begreifen! Denn …
„Liebe kennt kein Verfallsdatum!“
Jede Trauer ist Arbeit und ein Prozess. Sie kann mit dem Verstand nicht erfasst oder kontrolliert werden, auch wenn wir das häufig versuchen. Trauer will gefühlt werden.
Mal geht es Dir ganz gut und dann überkommt Dich plötzlich die Trauer. Sie überrollt Dich wie eine Welle, erfasst Dich heftig und nimmt dann wieder an Intensität ab.
Die „Wellen-Metapher“ hilft Dir zu verstehen, warum Trauernde schon nach relativ kurzer Zeit wieder ganz „normal“ zu leben scheinen und sogar wieder lachen können, um dann Minuten später wieder von der nächsten Welle überrollt zu werden und tief trauern.
Und jede Trauer ist anders. Es gibt nicht die besonders gute Art zu trauern.
Die Trauer-Phasen können bei jedem Menschen länger oder kürzer dauern.
Junker-Bestattungen schreiben hierzu:
„… Auch nach einer guten Sterbebegleitung gehört die Trauer darüber, einen Menschen nicht mehr körperlich präsent bei uns zu haben, zu den natürlichen menschlichen Ausdrucksformen. Wir sollten auch unserer Trauer genügend Raum geben und dabei immer auf unser Gefühl hören.
Jeder Mensch braucht unterschiedlich lange für die Trauerarbeit. Das hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Wir sollten lernen, mit unseren positiven Erinnerungen und all der Liebe, die uns ein von uns gegangener Mensch geschenkt hat, weiterzuleben. Es ist für eine gelingende Trauerarbeit wichtig, dem Verstorbenen je nach Bedeutung, die er für uns hat, langfristig einen Platz in unserem Herzen einzuräumen. Nur dann können wir nach einer ganz unterschiedlich langen Zeit der Trauer auch wieder glücklich und heil zu unserem eigenen freien Leben finden.“
Wenn Du allerdings bemerkst, dass Deine Trauer irgendwie ins Stocken gerät oder Du Probleme bei der Trauerbewältigung hast, dann schreib mich gerne an oder nutze kostenfreie Trauerbegleitungen, die von örtlichen Hospizvereinen oder kirchlichen Trägern angeboten werden.
Akuthilfe im Notfall bietet die Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800-1110111 und 0800-1110222.
Ein Zimmer für Dich in meinem Lebenshaus
Stell Dir vor, Dein Leben wäre ein großes Haus.
Alle Menschen, die Du liebst, haben darin ein eigenes Zimmer, auch die Verstorbenen. Diese Zimmer sind so eingerichtet, wie es zu jedem einzelnen passt. Es gibt auch Gemeinschaftsräume, in denen man sich trifft und Zeit miteinander verbringt.
Du selbst hast auch ein Zimmer, das nur für Dich allein ist.
Die Türen dieser Zimmer passen jeweils zum Raum, es gibt alte hölzerne Türen und Schiebetüren und solche, die man oben und unten getrennt öffnen kann, oder solche mit einem Fenster drin.
Stell Dir vor, dass auch der Mensch, der gestorben ist, ein Zimmer in Deinem Lebenshaus hat.
Überlege Dir, in welchem Stockwerk das Zimmer liegt. Geht eine Treppe hinauf oder hinunter? Wie sieht die Tür aus, hinter der das Zimmer des Verstorbenen liegt?
Das Zimmer passt zum Verstorbenen, es ist genauso, wie er oder sie sich das wünschen würde. Du kannst eintreten und den Verstorbenen in Deinen Erinnerungen besuchen.
Du kannst ein bisschen Zeit mit ihm oder ihr dort verbringen, und dann kannst Du die Tür wieder hinter Dir schließen und in eines der anderen Zimmer gehen.“
Auszug aus: Paul, Chris. „Ich lebe mit meiner Trauer.“
Das 4-Phasen-Modell der Trauer nach Verena Kast
Wenn Du Dich gerade in einem Trauerprozess befindest, dann kann Dir vielleicht auch dieses Modell ein bisschen dabei helfen, Deine Trauer „einzuordnen“. Dieses Modell hilft auch zu verstehen, welche Gefühle der Tod eines geliebten Menschen auslösen kann und wie es gelingt, diesen Verlust zu verarbeiten.
Die Schweizer Psychologin Verena Kast beschreibt den Trauerprozess in 4 Phasen.
1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen
Die Nachricht des Todes löst unter Umständen eine Art „Gefühlsschock“ aus, gerade dann, wenn der Tod plötzlich oder unerwartet kam. Der Trauernde kann und will nicht glauben, was passiert ist. Oft wird der Verlust zunächst geleugnet. Der Mensch verdrängt und verleugnet die Realität.
Er erscheint „gefühllos“ und fühlt sich oft selbst wie „tot“. Die körperlichen Anzeichen gleichen einem „normalen“ Schock: schneller Pulsschlag, Schwitzen, Übelkeit, motorische Unruhe. Diese Phase kann wenige Stunden, oft aber auch Tage oder mehrere Wochen dauern.
2. Phase: Aufbrechende Emotionen
In dieser Phase kommt es zu einem regelrechten Gefühlschaos: Wut, Zorn, Angst, Ohnmacht, Schmerz, Niedergeschlagenheit oder Schuldgefühle etc. tauchen auf. Die Intensität der einzelnen Gefühle hängt aber vom Temperament und Charakter der jeweiligen Person ab.
Auch aggressive Impulse gegen sich selbst oder gegen den Verstorbenen treten auf. Das verursacht bei vielen Trauernden aber große Schuldgefühle oder sie stellen sich die Frage: „Warum musste er sterben und nicht ich?”
Häufig treten Schuldgefühle auch deshalb auf, weil der Trauernde vielleicht glaubt, nicht genug oder nicht alles getan zu haben, um den Tod zu verhindern. Auch andere Menschen werden in dieser Phase beschuldigt.
3. Phase: Suchen und Sich-Trennen
Beim Verlust eines geliebten Menschen wollen wir uns noch in Kontakt mit dem geliebten Menschen befinden und suchen daher Orte der Erinnerung auf oder übernehmen kurzfristig typische Gewohnheiten des Verstorbenen.
Der Trauernde führt dann leise oder laute Zwiegespräche mit dem Verstorbenen.
Oder er erzählt gerne über ihn oder sie. Dadurch will er den Verstorbenen lebendig halten. Es findet aber auch eine innere Auseinandersetzung mit dem Verstorbenen statt. Dadurch bereitet er sich auf ein Weiterleben ohne den Verstorbenen vor und ist bemüht, dessen Tod anzunehmen und als Teil seiner Lebenswirklichkeit zu akzeptieren.
4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug
Es werden neue lebensbejahende Wege gefunden, um mit dem Verlust umzugehen. Der Verstorbene wird zu einem “inneren Begleiter“. Der Schmerz wird weniger. Die Gedanken und Handlungen des Trauernden kreisen nicht mehr ausschließlich um den Verstorbenen.
Der Trauernde kann nun sein Leben mit dem Verstorbenen im Herzen neu ausrichten.
Was hilft in der Trauer?
Jede Trauer ist einzigartig und individuell, denn jeder trauert anders. Jeder trauert auf seine ganz eigene Art und Weise und dabei ist kein Gefühl falsch.
Trauer ist keine Krankheit, aber sie kann krank machen, wenn sie nicht gefühlt wird. Daher kümmere Dich um Deine Trauer.
Reden hilft. Schreiben hilft.
Angeleitete Meditation mit Jeanette Richter für die Trauer-Arbeit: Mit den Toten „sprechen“
Übung: Trau’ Dich zu trauern!
Nimm ein Blatt Papier und schreibe den Namen des Verstorbenen auf.
“Ich trauere um ________!“
Und dann frage Dich:
- Woran erinnere ich mich noch gerne?
- An welche guten Taten oder lustigen Begebenheiten?
- Wofür möchte ich diesem Menschen danken?
- Was blieb ungesagt?
- Gab es etwas, das ich noch gerne gesagt hätte?
- Was wird bleiben?
- …
Schreibe es auf und vertraue darauf, dass das bei Deinem Verstorbenen tatsächlich ankommen wird. Du musst nicht wissen wie, sondern nur, dass es ankommt!
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